Donnerstag, 23. August 2007

Die Kunst Knoblauch zu zerkleinern


Kleine Details sorgen oft für den entscheidenden Unterschied. Dass Alfons Schuhbeck bei der Zubereitung seines Wiener Schnitzels zerbröseltes Weißbrot als Panade empfiehlt und dem Eigelb einen Löffel geschlagene Sahne zufügt, ist so ein wichtiges Detail. Und das hat eine bemerkenswerte Wirkung. Zukunftsforscher, Marketingverantwortliche und Architekten könnten sich da ein Vorbild nehmen.


Knoblauch, das ist eine sehr heikle Angelegenheit. Deshalb wird es weder in der Architektur, noch im Marketing, noch in der Zukunfts- forschung verwendet. Falsches zerkleinern von Knoblauchzehen kann am Ende das komplette Werk verderben. Wenn Architektur, Marketing und Zukunftsforschung am Ende oft ein geistloses Gebilde produzieren, liegt das jedenfalls nicht am Knoblauch. An der Frage des richtigen Zerkleinerns einer Knoblauchzehe scheiden sich die Geister. Es gibt prinzipiell drei Sorten von Menschen: Es gibt die Presser, die Quetscher und die Hacker (siehe auch die Große Leserumfrage: Sind Sie Hacker, Quetscher oder Presser?).

Einer der prominentesten Vertreter der Hacker ist der schon erwähnte Alfons Schuhbeck. Er steht mit dieser Haltung stellvertretend für all diejenigen, die für einen schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen plädieren. In der Aromafrage bezieht er eindeutig Stellung: Hacken schützt die natürlichen Aromen und bringt sie mit hohem Wirkungsgrad in die zu würzende Speise. Hacker sind häufig konservativ. Diese Grundorientierung verschmilzt mit Versatzstücken einer postmateriellen Einstellung die globalisierungs- und technikkritische Elemente enthält.

Ganz anders die Quetscher. Quetscher muss man nochmals unterteilen in Schälquetscher und Quetschschäler. Der Schälquetscher schält zuerst die Knoblauchzehe und quetscht dann. Beim Quetschschäler ist es umgekehrt. Quetscher jedweder Couleur vertreten ihre Technik des Zerkleinerns nicht offensiv in der Öffentlichkeit. Sie gelten eher als Pragmatiker unter den Knoblauchanwendern, denen Aromen wichtig sind, die aber die zeitsparende Variante des Quetschens, der zeitraubenden und gefährlicheren Alternative des Hackens vorziehen. Quetscher sind experimentierfreudige Hedonisten. Sicher sind auch einige Moderne Performer darunter.

Die Presser hingegen sind ganz eindeutig Konsum-Materialisten, denen Komfort und Status gleichermaßen wichtig sind. Deshalb schaffen sie sich für teures Geld Designer-Knoblauchpressen an, die jegliches Aroma killen und gleichzeitig noch schwer zu reinigen sind. Zu den prominenten Vertretern der Presser gehören wahrscheinlich Leute wie Dieter Bohlen, die – so unterstelle ich – eine große Sammlung von Designer-Knoblauchpressen ihr Eigen nennen.

Mein persönlicher Werdegang vollzog sich vom Hacker zum Quetscher. Ganz zu Anfang war für mich das Hacken die natürliche Form des Zerkleinerns von Knoblauch. Ganz ähnlich, wie in sogenannten primitiven Gesellschaften, gab es dazu keine Alternative. Vor vielen Jahren zeigte mir mein Freund Eckart, während eines Urlaubs in Spanien, dass man eine zuvor geschälte Knoblauchzehe anschließend zeitsparend mit einem Löffel und einer Prise Salz zu Knoblauchmus zerquetschen konnte. So wurde ich zum Schälquetscher. Vor zwei Jahren war mein Freund Bernd - ein Koch mit langjähriger internationalen Erfahrung - bei mir zu Gast. Ich sah wie er eine ungeschälte Knoblauchzehe aromaschonend und zeitsparend mit dem Rücken eines breiten Messers zerquetschte und dann ganz leicht die Schale ablösen konnte. Dieser Anschauungsunterricht machte mich zum Quetschschäler.

Dieses Thema hat nichts damit zu tun, dass es bei einer anderen Tätigkeit ebenfalls drei Kategorien von Menschen gibt, nämlich Falter, Knüller und Wickler. Die Stuttgarter Zeitung behauptet fälschlicherweise es gäbe nur Knüller oder Falter. Meine Feldforschung hat diese Simplifizierung inzwischen widerlegt. Dieses Thema hat jedoch wenig bis gar keine Bezüge zu Architektur, Marketing und Zukunftsforschung. Das hat eher Bedeutung für die Toilettenpapierforschung und schlägt erst anschließend beim Marketing auf. Bei den Architekten und Zukunftsforschern schlägt dabei gar nichts auf. Wer trotzdem etwas über Toilettenpapierforschung erfahren möchte, der lese über "Das große Geschäft" Kurzweiliges in brand eins.

Damit dieser Beitrag wenigstens einen nützlichen Aspekt für den noch immer maßgebenden männlichen Teil der Architekten, Marketingverantwortlichen und Zukunftsforscher aufweist, zeige ich zum guten Ende ein Video. Man sieht hier sehr anschaulich, wie man einen Windsorknoten bindet. Diejenigen, die die Fliege bevorzugen - auch Krawattenschleife genannt - und die Krawattenmuffel ignoriere ich.



Übrigens: Die Begriffe Postmaterialist, Hedonist, Moderner Performer, Konsum-Materialist und Konservativer stammen aus den Sinus-Milieus, mit denen man sich eine "Basissegmentation von Gesellschaften auf der Grundlage von Wertorientierungen" basteln kann.

Quellen: An die Sinus-Milieus erinnert hat mich dieser Beitrag von Lisa Neun.

Die Abbildung des Knoblauchs stammt aus Wiki Commons und steht unter Creative Commons Licence.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Knoblauch? Es fehlt der Schaber.

Und Sahne im Eigelb beim Wiener Schnitzel?? Ich tu immer ein paar Tropfen Wasser rein. Damit sich die "Panier" hochhebt beim Braten.

Zurück zm Schaber? Naja, den hab ich grad erfunden. Ehrlich gesagt ich quetsch-schäle.

Reinhard hat gesagt…

Liebe Frau L9,

das mit dem Schaben wäre auch etwas schäbig gewesen. Als Quetschschälerin sparen sie viel Zeit, die Sie bei ihrem Umbau gut gebrauchen können. Viel Spaß noch mit den Handwerkern