Donnerstag, 2. August 2007

Wissenswertes über Erlangen


Der Ruf von Erlangen war etwa 800 Jahre lang untadelig. Kaum jemand, außer den Erlangern, kannte Erlangen. Nachdem 1982 der Song Wissenswertes über Erlangen der Gruppe Foyer des Arts die Charts eroberte, ist der Ruf dieser unschuldigen und unauffälligen Stadt auf Generationen hinaus ruiniert.

Natürlich weiß man immer noch nichts genaues über Erlangen. Was man aber zu wissen glaubt ist: Erlangen muss unglaublich langweilig sein – so ähnlich wie Neu-Ulm. Ich vermute, dieser Eindruck kommt der Realität sehr nah. Sonst hätte sich in den letzten 25 Jahren eine andere Wahrnehmung dieser Stadt - beispielsweise als innovative, lebendige und junge Metropole mittelfränkischer Lebensart mit internationalem Touch - ganz locker durchgesetzt. Aber Erlangen liegt nach wie vor im vagen Zwielicht des Ungewissen. Was man weiß, weiß man aus dem Song Wissenswertes über Erlangen. Das Foto zeigt übrigens das Rathaus von Erlangen.

Donald Rumsfeld hingegen ist uns bereits als Theoretiker des Unwissens aufgefallen. Einige Jahre übte Rumsfeld den sehr langweiligen Beruf des Secretary of Defense der Vereingten Staaten von Amerika aus. In dieser Funktion galt er als ganz harter Knochen, dem allerdings ein gewisser Humor nicht abgesprochen werden konnte. In dieser Funktion war ihm alles zuzutrauen.

Wenn wir uns heute, über ein halbes Jahr nach seinem Rücktritt, sein Gesamtwerk anschauen, dann ist dieses hohe Regierungsamt nur ein kleiner Ausschnitt seines Schaffens. Donald Rumsfeld hat die Auftritte in seiner Funktion als Verteiligungsminister geschickt genutzt, um seine lyrisch-kritischen Kommentare einem weltweiten Publikum vorzutragen. Als Politiker ist er gescheitert. Aber als Künstler hat er - trotz des Scheiterns - eine Vollendung erreicht, die ihm einen Platz im Olymp der literarischen und darstellenden Künste garantiert.



Die Aussage zu den unknown unkowns wurde bereits gewürdigt. Rumsfeld hat für dieses Gedicht seine guten Verbindungen zum us-amerikanischen Geheimdienst genutzt. Die unknown unknowns werden dort als unk-unks bezeichnet. Unk-unks sind die Ereignisse, die den Verlauf eines Krieges unverhersehbar beeinflußen können. Die unk-unks sind ein wichtiges Thema der Demutsforschung, da prinzipielle Unwägbarkeiten jede Entscheidung über die Eröffnung kriegerischer Handlungen beeinflußen sollten. Das Ungewisse ist immer ein Grund zur Demut. Bei der Entscheidung einen Zweiten Irak-Krieges zu riskieren, wurden die Erkenntnisse einer zukünftigen Demutsforschung völlig mißachtet. Man kann das aber niemandem ernsthaft zum Vorwurf machen.

Die Art des Vortrags von Donald Rumsfeld (man kann sich die Performance im YouTube-Video anschauen) und weitere Beispiele seiner ironischen Sicht auf das Amerika des 21. Jahrhunderts zeigen – Rumsfeld ist ein ganz großer Erkenntnistheoretiker und Künstler. Wahrscheinlich werden ihn zukünftigen Generationen als den ersten Lyriker und Poetry Slam Künstler würdigen, der den Sprung in ein hohes Regierungsamt in den USA geschafft hat. Am Ende zählt das vielleicht mehr, als einfach nur schwarz zu sein und Klavier spielen zu können.

Weitere Beispiele aus Donald Rumsfelds Werk findet man auf der Website von Slade. Eines der dort veröffentlichten Gedichte zeigt, wie feinsinnig dieser Mann seine Poesie gesponnen hat:

A Confession
Once in a while,
I'm standing here, doing something.
And I think,
"What in the world am I doing here?"
It's a big surprise.

May 16, 2001, interview with the New York Times


Während wir über Donald Rumsfeld täglich mehr wissen, entdecken wir in Bezug auf Erlangen täglich mehr unbekanntes Unwissen. Eines nicht allzu fernen Tages werden wir von Erlangen gar nichts mehr wissen wollen. Übrigens: Für den schlechten Ruf von Erlangen ist Max Goldt verantwortlich, dessen distanziert-ironische Sicht ich sehr schätze. Max Goldt war mit Gerd Pasemann Foyer des Arts.


Dieser Artikel ist ein Update zu: Almut und Helmut



Das Bild vom Erlanger Rathaus steht unter Creative Commons Licence

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Naja, langweilig will ich das nicht nennen... is ne Studenten-Stadt mit ner Siemens Niederlassung - also laufen sehr viel Akadeniker rum! Aber zur Bergkirchweih muß ich vehement widersprechen: Da gehts aber so richtig ab, dass Leute aus ganz Deutschland jedes Jahr wieder kommen!!

Anonym hat gesagt…

Mir persönlich geht Herrn Goldts distanziert-ironische Sicht inzwischen ja gehörig auf den berühmten Keks (am liebsten Delacre Biarritz. Das kann aber auch am sich verdichtenden Nebel der Saturiertheit liegen, der Herrn Goldt zunehmend umgibt und inzwischen auch seinen körperlichen Niederschlag findet. Aber wer kennt das Problem nicht ...