Donnerstag, 5. Juli 2007

Erratische Blöcke


Ein Findling ist nach der Definition in Wikipedia “ein heute meist einzeln liegender sehr großer Stein, der durch Gletscher während der Eiszeiten in seine heutige Lage verdriftet (transportiert und abgelegt) wurde. Die Grenze zwischen Findlingen und den kleineren Geschieben zieht man bei einem Volumen von einem Kubikmeter.” Man bezeichnet einen Findling auch als “erratischen Block”.

Den brasilianischen Findling im Garten meines Freundes in Neu-Ulm habe ich nicht gewogen und nicht gemessen. Ich bezweifle mittlerweile allerdings, dass es sich bei diesem Stein tatsächlich um einen Findling handelt. Wenn überhaupt, dann sieht er aus wie ein “kleines Geschiebe”. Ich glaube aber auch nicht, dass es in Brasilien überhaupt Findlinge oder “kleine Geschiebe” gibt. Wie soll denn eine Eiszeit diese Brocken aus der Antarktis in die Tropen transportiert haben? Mein lieber Bernhard, da hast Du mir einen schönen Bären aufgebunden! Findlinge, die sehen so aus, wie es auf dem Foto oben zu sehen ist. Der Bursche heißt übrigens “Alter Schwede” und liegt in Övelgönne.

Mag sein, dass du selbst Opfer eines groß angelegten Betrugs geworden bist und Dir ein Findling untergeschoben wurde, der gar keiner ist. Wahrscheinlich ist Findling-Betrug in Zeiten der Globalisierung eine weitverbreitete Masche international operierender Syndikate und steht im Zusammenhang mit Prostitution, Drogenhandel, Geldwäsche und Doping. Dein Pseudofindling stammt garantiert nicht aus Brasilien. Vielleicht ist er aus Pappmaschee und aus der Deko-Abteilung von Breuninger. Falls du es also selbst nicht weißt, solltest Du dich an der Aufklärung dieses Sachverhaltes beteiligen. Solange das nicht geklärt ist, hat die Sache eine erratische Dimension.

Das Wort “erratisch” gefällt mir übrigens so gut, dass ich mit dem Gedanken spiele meinen Blog in “Erratische Blöcke” (oder in “Erratischer Blog”) umzubenennen. Leserkommentare zu dieser Absicht sind mir sehr willkommen. “Erratisch”, das bedeutet übrigens, nach meinem dtv-Brockhaus-Taschenbuchlexikon aus dem Jahre 1985, “herumirrend”. Passt doch irgendwie, oder?

Dieser Artikel bezieht sich auf Sackgasse Superrelativismus.


Das Foto stammt aus Wikimedia Commons und steht unter Creative Commons Licence

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Erratischer Blog" fänd' ich klasse, zumal der fliegende Teppich durch Themen und Gegenden "herumirrt"...

Reinhard hat gesagt…

Da Walli sich noch scheut die Kommentarfunktion zu benutzen und mir stattdessen E-Mails sendet, hier ihre Bemerkung zu den erratischen Blöcken:

Lieber Reinhard, ich danke Dir für diese überaus wichtige Info, war ich doch
höchst beunruhigt bezüglich des brasilianischen! Findlings in Bernhards
Garten. Wo wäre da noch Platz für einen Garten gewesen???
Allerdings habe ich ein wenig Schiss Dir überhaupt zu antworten, finde ich
doch meine eher aus dem Augenblick durch das Hirn schiessende Gedanken
plötzlich in einem Kommentar und .....erschrecke. Bedeutet bloggen denn,
dass jeder Hirnfurz sich in die Weiten des Netzes einschleicht??????
Baci walli

Liebe Walli, genau das bedeutet "bloggen".

Anonym hat gesagt…

Nur der Vollständigkeit halber hier mein Originaltext, den Reinhard in "Erratische Blöcke II" verarbeitet hat:

Lieber Reinhard,
von einem aufgebundenen Bären könnte man nur dann sprechen, wenn ich tatsächlich in meinem Garten einen „erratischen Block“ hätte aufstellen wollen. Wollte ich aber nicht! Ich wollte lediglich einen schönen Stein. Und einen schönen – und sogar ziemlich großen Naturstein haben mir meine Freunde Gerda und Ralf zum Geburtstag geschenkt. Der Stein hört auf den schönen Namen „Rosario“ und stammt – wenn man dem Steinehändler glauben darf – aus Brasilien (obwohl – ich weiß, ich weiß – Rosario auch eine Stadt in Argentinien ist).
Mein Rosario ist natürlich nicht im geologischen Sinne ein Findling:

"Findling, der; -s, -e
1. Findelkind: einen F. adoptieren; Mein Urgroßvater war ein Findling aus Schwaben Stifter 3,205; herrenlos aufgefundenes Tier: Nur ein Drittel der Findlinge wird von den Eigentümern abgeholt Tageszeitung 1962
2. erratischer Block: ein riesiger, gewaltiger F.; ein F. aus Granit; einen F. freilegen, transportieren; aus Findlingen aufgeschichtete Steingräber; für das Denkmal wurde ein F. verwendet"

Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache des 20. Jhd.


oder, wie es in meiner Brockhaus-Enzyklopädie so schön heißt:
„erratische Blöcke, Findlinge – ortsfremde Felsblöcke in Gebieten ehemaliger Vereisung; sie wurden durch Gletscher oder Inlandeis, oft Hunderte von Kilometern weit, vom Ursprungsort an ihre Fundstätte transportiert, sie sind daher Indizien für die Ausdehnung und Herkunft für die Ausdehnung und Herkunft von Eismassen. Im Volksglauben wurde die Verbreitung e.B. vielfach auf den Teufel oder auf Riesen zurückgeführt.“

Rosario ist auch kein Findelkind und kein herrenloser Bienenschwarm:
"FINDLING, m.
1) expositus, findelkind: da kam ein hirt, des weib was auch allererst gelegen des kinds und pracht den findling seim weib. MUGLEIN gesch. der Römer. Augsb. 1489, 16b.
2) findlinge nennt der bienenzüchter die abhanden gekommnen, als herrenloses gut im walde eingefangnen schwärme. weimar. jahrb. 2, 210. ebenso eingefangne herrenlose andere thiere.
3) findlinge heiszen auch in dem sand und schuttlande zerstreut liegende gesteinblöcke, durch fluten oder eisschollen dahin getragen:

findlinge nennt man sie, weil von der brust
der mütterlichen sie gerissen sind.
ANN. VON DROSTE s. 59.
heute überwiegt fast die schreibung fündling, was man sehe."
Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. 16 Bde. [in 32 Teilbänden]. Leipzig: S. Hirzel 1854-1960. -- Quellenverzeichnis 1971.'

Mein Stein ist einfach ein schöner, großer Naturstein. Und solche Trümmer heißen bei den Natursteinhändlern eben Findlinge: siehe z.B. www.naturstein-geukes.de.

Trotzdem hat die durch Deine Zweifel verursachte Recherche wiederum in mir Zweifel geweckt: Vielleicht habe ich doch alles falsch gemacht?
„Die falsche Lagerung von Findlingen und anderen Steinen ist ein Grundübel heutiger Gartengestaltungen“ befindet www.derkleinegarten.de. Denn: „Steine dürfen nicht wie hingelegt aussehen. Findlinge und andere Irrgesteine lagern flach im Boden, wo etwa 50 - 60% der Steinoberfläche sichtbar ist.“
Als ich „Rosario“ aufstellte, war mir das egal – er sah so schön aus. Aber: „Urgesteine (Granite, Porphyr, Syenite, Basalte) als gesprengten Felsbrocken gehören nicht in unser Landschaftsbild, erst recht sind sie im flachen Land kein Ersatz für Findlinge - es sei denn du möchtest aus deinem Garten ein Trümmerfeld gestalten.“

„Trümmerfeld“ finde ich jetzt doch übertrieben, aber irgendwie ist „Rosario“ doch ein „erratischer“, weil ortsfremder Felsbrocken. Durch den Teufel der Globalisierung aus dem fernen Brasilien in mein Neu-Ulmer Gärtchen verschleppt...

Herzliche Grüße
Bernhard