Montag, 10. Dezember 2007

Von Tsunamis und Mietwagen


Gestern schrieb ich aus La Serena im Norden von Chile an Markus B. aus F., dass der Pazifik viel zu kalt sei, dass ich einen ganz schlechten Tag gehabt hätte, weil mir ein Chilene eine Beule in den Mietwagen gefahren habe und ich jetzt drei Tage hier festsitzen würde, bis die gerichtliche Anhörung zu dieser Angelegenheit stattgefunden habe. Aus Verlegenheit würde ich Humboldtpinguine betrachten fahren. Die Antwort von Markus B. aus F. war: "time for improvement ;-) ist auch eine life time experience".

Das veranlaßte mich zu einer Antwort, die ich hier abdrucken - oder heißt es besser "ablichten" - möchte. Das erlöst mich auch aus der Verlegenheit, endlich mal wieder ein neues Posting in meinem Blog lancieren zu müssen. Unfälle mit Mietwagen im befreundeten, aber erst recht im sonstigen Ausland sind eine ganz lästige Angelegenheit, die man so gut es geht vermeiden sollte. Hier also meine Antwort an Markus B. aus F.:

Hahahah, könnte mich ausschütten, vor improvement. Nachdem ich jetzt also hier für einige Tage festsitze, hatte ich gleich einen zusätzlichen Grund für schlechte Laune. Was mir echt auf den Geist geht, ist die Lieb- und Achtlosigkeit mit der in Hotels das Frühstück hingerichtet wird. Das Rührei zieht Wasser und natürlich ist es kalt. Der Orangensaft ist ein reines Kunstprodukt, das vollkommen aus Farbstoff besteht. Dazu gibt es einen Pressvorder-, wahlweise auch -hinterschinken der offensichtlich weltweit strengste Normen erfüllen muss, da er überall die gleiche Konsistenz und den gleichen Geschmack aufweist. Den Schnittkäse dürfte es so geschmacksneutral gar nicht geben, denn das Etwas nach rein gar nichts schmeckt, ist ein Widerspruch in sich. Die chilenische Variante dieses Frühstücksattentats läßt sich mit der Frage "Hätten sie dazu gerne Nescafe ohne Milch oder Nescafe mit Milch?" beschreiben. Neu war hier in La Serena immerhin, dass der Koch, der das Buffet auffüllt, einen Mundschutz trug. Wahrscheinlich wollte er sich nicht mit seinen eigenen Produkten kontaminieren.

Das Arrangement des Frühstücksbuffets ist überall gleich trist und traurig. Ganz gleich, ob im Hotel Canal Beagle in Ushuaia - ein Haus, das von Automobilclub Argentiniens betrieben und wird - im Hotel Tropical Tambau in Joao Pessoa oder eben hier in La Serena. Wo möglich läßt man diese Frühstücksveranstaltungen in einem fensterlosen Raum stattfinden, in dem es scharf nach Möbelpolitur riecht.

Dieses Frühstück hatte mir also den Start in den Tag so versaut, dass ich gleich wieder einschlafen wollte. Übrigens habe ich dieses Hotel nicht deshalb ausgewählt, weil mir die koloniale Architektur und der Name - Francisco de Aguirre - gefallen hätten, sondern weil es etwas erhöht liegt. Gestern, noch vor meinem Unfall - die Beule im Mietwagen, man erinnere sich - fuhr ich am Strand entlang, der sich unterhalb der Stadt erstreckt und dort wären Cabañas zu günstigen Preisen zu mieten gewesen. Was mir aber an allen Ecken auffiel, waren die Evakuierungshinweise im Falle eines Tsunamis. Alle Schilder wiesen nach Osten, also in Richtung des Hotels, in dem ich mich jetzt befinde. Da Tsunamis, vor allem auch dann, wenn sie Nachts vorfallen, sich nicht mit viel zeitlichem Vorlauf ankündigen, folgte ich meiner dunklen Ahnung und begab mich gleich auf erhöhtes Terrain. Die Folge, dieser Sicherheitsmaßnahme: Ein Chilenen fuhr mir gleich darauf eine Beule in den Mietwagen und heute Morgen fiel ich einem internationalen Standardhotelfrühstück - mindestens drei Sterne - in speziell chilenischer Ausprägung zum Opfer.

Ein wenig depressiv - ich sagte es bereits - genehmigte ich mir also ein Schläfchen, gleich nach dem Frühstücksattentat. Ich erwachte, weil das Zimmer mich wachrüttelte. Es wackelte alles, auch das was sich im Zimmer befand: Das Bett, die Sachen auf dem Nachttisch - was ein wenig Lärm machte - und natürlich wackelte auch ich. Wegen des Lärms kam ich nicht umhin, mir einzugestehen, dass ich mich mitten in einem kleinen Erdbeben befand. Vielleicht befand ich mich aber auch am Rande eines größeren Erdbebens - man weiß das nicht eindeutig zu sagen, wenn man wie ich gewöhlich ganz ohne Seismograph reist. Das, was mir da den Tagschlaf raubte, war nur ein "templor", wie man als erdbebenerprobter Chilene dazu sagen würde - ein "zittern" eben. Das reichte, um mich zum Aufzustehen zu veranlassen.

Hätte ich am Strand geschlafen, wäre das Frühstück unter Umständen besser gewesen. Aber vielleicht hätte es dieses Zittern dann zu einem richtigen Tsunami geschafft. Seit mir der Chilene die Beule in den Mietwagen gefahren hat, bin ich ein wenig abergläubisch.

Zu den Humboldtpinguinen habe ich es - so wie ich es eigentlich vorhatte - an diesem Tag nicht mehr geschafft. Im South-American-Handbook der Ausgabe von 2008 steht, die Pinguinkolonie von Punta de Choros befinde sich 72 Kilometer nördlich von La Serena. In Wirklichkeit befindet sie sich rund 112 Kilometer nördlich von La Serena - immerhin stimmte ja die Richtung. Als ich ankam, war es zu spät für Pinguinbesichtigungen per Boot. Ich traf dort zwei Spanier aus Barcelona, die Pinguine und Wale auf einer Bootstour gesehen haben wollten. Wir plauderten ganz nett miteinander, vor allem auch, weil sie gleich zu Anfang der Unterhaltung mein Spanisch sehr gelobt hatten.

Wir kamen dann auf das Thema Mietwagen zu sprechen, weil ich erwähnte, dass ich mit meinem Spanisch bei den chilenischen Polizisten sehr große Schwierigkeiten gehabt hätte, den Unfallhergang und die Entstehung der Beule zu schildern. Ich hätte übrigens einen Mietwagen mit Allradantrieb genommen, weil ich damit ja über die Anden wolle - nach Argentinien. In dem Moment, als ich das sagte, war mir natürlich selbst klar, dass man die Anden normalerweise auf Straßen überquert und dafür ein normaler Pkw vollkommen ausreichend ist. Die Beiden fingen jedoch sofort an zu streiten, da der kleine Kleinwagen, den der eine per Internet gemietet hatte, dem anderen ein viel zu kleiner Kleinwagen war. Sie stritten noch als ich bereits mit meinem verbeulten Allradfahrzeug Punta de Choros verlassen hatte.

Auf dem Rückweg habe ich dann Guanacos in freier Wildbahn gesehen. Und zwar so nah, wie noch niemals zuvor. Soviel über Tsunamis und Mietwagen und zu Humboldt- pinguinen und Improvement. Und: Wenn man sich so richtig über das Hotelfrühstück und den ganzen Rest der Welt aufgeregt hat, bekommt man richtig gute Laune.

Die Photos stammen vom Autor des Beitrags und stehen unter Creative Commons Licence.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Verdammte Deutschen in Barcelona!

Bitte zu beachten! In Barcelona:

Reinhard hat gesagt…

Ich will ja nicht pingelig sein, aber es heißt "Deutsche" und nicht "Deutschen". Also richtig hieße der Satz "Verdammte Deutsche in Barcelona".Aber auch wenn der Satz richtig formuliert wäre, transportiert er ungefähr soviel Sinn, wie der Satz "Verdammte Guanacos im Zoo!" Also, was solls?