Donnerstag, 27. Dezember 2007

Wie schmeckt es denn so, in Chile?


Sabine fragte mich das neulich am Telefon. Eine ehrliche Antwort auf diese Frage, könnte mich leicht in Teufels Küche bringen. Eine politisch korrekte Antwort wäre natürlich gelogen. Am Besten ich antworte ausweichend in der Hoffnung, dass die Wahrheit sich schon zwischen den Zeilen finden wird.

Die chilenische Mutter meiner chilenischen Freundin Karina kocht super. Das muss hier mal uneingeschränkt gesagt werden. Am Tag meiner Ankunft haben wir Artischocken gelutscht und Abends gab es ein Rinderfilet der Extraklasse, dem auch die Roquefortsauce nichts anhaben konnte. Wir waren uns alle einig: Die Roquefortsauce war unvergleichlich mild und das Rinderfilet unvergleichlich zart. Das hatten wir schon vorab so zwischen Köchin und Gast geklärt. Auch Humitas, eine in Maisblättern erhitzte Maispaste, sind oft sehr schmackhaft. Nun sollte man vom Speziellen aber nicht vorschnell auf das Allgemeine schließen.

Mir kommt es beispielsweise ganz seltsam vor, und am Liebsten würde ich darüber schweigen, dass es in Zentralchile mitunter nach Katzenpisse riecht. Am nördlichen und südlichen Ende des Landes riecht Chile ausgesprochen gut. Punta Arenas im Süden riecht sehr frisch und ein wenig salzig. San Pedro de Atacama im Norden hingegen riecht sehr trocken und ein bißchen staubig. Aber beispielsweise in der Gegend um Pucon riecht es wirklich sehr streng. Auch um Valparaiso herum möchte man am liebsten die Fenster schließen. Anscheinend gibt es in Chile Problemzonen, die etwas besser deodoriert werden sollten. Vermutlich handelt es sich um einen olfaktorischen Faktor, der mit der Vegetation in einem gewissen Zusammenhang steht. In Schwetzingen beispielsweise riecht es hinter dem Schloßgarten im Frühling und Sommer immer nach Knoblauch. In bestimmten Regionen Frankreichs riecht es ausgesprochen intensiv nach Wildschwein und in Mannheim riecht es manchmal widerlich nach Schokolade. Eine Freundin, mit der einmal ein Urlaub auf einer Insel mißlang, kritisierte schon am ersten Tag: "Diese Insel riecht nicht!" Kreta hingegen rieche ganz unvergleichlich, fügte sie hinzu. Wir hätten eigentlich sofort abreisen können.

Wenn ich jetzt schreibe, Chile rieche manchmal nach Katzenpisse, so handelt es sich dabei in gar keinem Falle um eine Tatsachenbehauptung. Es ist nur ein ganz subjektiven Eindruck, der zudem noch hilfsweise einen Vergleich heranziehen muss, bei dem man darüber streiten kann, ob damit ein Werturteil verbunden wird - und wenn, ob es ein positives oder ein negatives ist? Katzenpisse könnte ja durchaus von einigen Katzenliebhabern als wohlriechend geschätzt werden. Ähnlich wäre es ja auch, wenn man schriebe, was die Chilenen im Vergleich mit den Argentiniern nicht an Körpergröße aufbrächten, kompensierten sie locker an Fülle und Breite. Auch das stimmt natürlich nicht immer, sondern nur manchmal.

Damit ist aber die Frage von Sabine, ob es denn schmecke, in Chile, noch nicht beantwortet. Auf direktem Weg wäre es auch schwierig eine Antwort zu geben, mit der auch die Chilenen einverstanden wären. Den Chilenen schmeckt es hier offensichtlich nicht so schlecht, dass sie auswandern würden. Auch der Geruch nach Katzenpisse scheint sie nicht sonderlich zu stören. Ich kann Sabines Frage am unverfänglichsten mit einer kleinen Geschichte beantworten, die ich am Strand von La Serena beobachtet habe.

Dort war man gerade dabei sich für die sommerliche Hochsaison vorzubereiten. Ich trank ein Bier in einer kleinen Strandbar und kaute dazu einige Erdnüsse, die man hierzulande immer zu einem Getränk gereicht bekommt. Beim Kauen und Trinken beobachtete ich zwei Chilenen. Der eine baute ein Wasserklosett zusammen, während der andere Türen strich. Derjenige, der die Türen strich, tat dies mit großem Engagement. Allerdings hatte er diese nicht aus den Angeln gehoben und sauber aufgestellt, sondern sie schwangen weiter am Orte ihres eigentlichen Daseinszweckes. Auch die Schlösser und die Türklinken waren nicht abmontiert, sondern wurden aus Gründen der Einfachheit einfach überstrichen. Obwohl während der Zeit, in der ich das Streichen der Türen beobachtete, mehrere Anstriche übereinander aufgebracht wurden, erfolgte der Farbauftrag sehr lasierend. Offensichtlich handelte es sich bei der verwendeten Farbe um Wandfarbe, die sich sehr gut mit der Rolle, die der Streicher benutzte, verarbeiten ließ. Der Farbauftrag reichte aber nicht aus um die dunklen Schrammen gänzlich zu überdecken. Alles wurde Schicht um Schicht etwas aufgehellt, bis der Schreicher am Ende mit seinem Werk zufrieden war.

So ist es auch mit der chilenischen Küche. Man könnte die Gerichte durchaus etwas schmackhafter, raffinierter, durchdachter und genießbarer hinbekommen. Meist ist man aber der Meinung, dass dies die ganze Mühe nicht lohne. Vom Ansatz her verfolgt man die beste Absicht, am Ende aber fehlen die entscheidenden letzten Prozentpunkte damit es auch wirklich schmeckt. Selbst in guten Hotels bekommt man in Chile Nescafe mit heißem Wasser serviert: Passt schon! Oder?

Das Photo stammt aus der spanischsprachigen Ausgabe von Wikipedia und steht unter Creative Commons Licence.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Riecht es in Schwetzingen nicht nach Bärlauch? Liebe Grüße von Jens an alle, die jetzt in Chile sind

Roberta hat gesagt…

Chile.... Ein richtig interessantes Land, leider aber bin ich dort noch nicht gewesen.. hoffentlich mache ich bald eine Reise, aber mal sehen...

Liebe Grüße an alle "Chilenen"! :-)